Reinhard Mey

Sei Wachsam Songtext / Lyric


Reinhard Mey - Sei Wachsam Songtext


Ein Wahlplakat zerrissen auf dem nassen Rasen

Sie grinsen mich an, die alten aufgeweichten Phrasen

Die Gesichter von auf jugendlich gemachten Greisen

Die dir das Mittelalter als den Fortschritt anpreisen

Und ich denk' mir, jeder Schritt zu dem verheiß'nen Glück

Ist ein Schritt nach ewig gestern, ein Schritt zurück

Wie sie das Volk zu Besonnenheit und Opfern ermahnen

Sie nennen es das Volk aber sie meinen Untertanen

All das Leimen, all das Schleimen ist nicht länger zu ertragen

Wenn du erst lernst zu übersetzen, was sie wirklich sagen

Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm:

„Halt' du sie dumm, ich halt' sie arm!“






Sei wachsam

Präg' dir die Worte ein!

Sei wachsam

Und fall nicht auf sie rein!

Paß auf, dass du deine Freiheit nutzt

Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!

Sei wachsam

Merk dir die Gesichter gut!

Sei wachsam

Bewahr dir deinen Mut

Sei wachsam

Und sei auf der Hut!



Du machst das Fernsehen an, sie jammern nach guten, alten Werten

Ihre guten, alten Werte sind fast immer die verkehrten

Und die, die da so vorlaut in der Talk-Runde strampeln

Sind es, die auf allen Werten mit Füßen rumtrampeln

Der Medienmogul und der Zeitungszar

Die schlimmsten Böcke als Gärtner, na wunderbar!

Sie rufen nach dem Kruzifix, nach Brauchtum und nach guten Sitten

Doch ihre Botschaften sind nichts als Arsch und Titten

Verrohung, Verdummung, Gewalt sind die Gebote

Ihre Götter sind Auflage und Einschaltquote

Sie biegen die Wahrheit und verdrehen das Recht

So viel gute alte Werte, echt, da wird mir echt schlecht!



Sei wachsam

Präg' dir die Worte ein!

Sei wachsam

Und fall nicht auf sie rein!

Paß auf, dass du deine Freiheit nutzt

Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!

Sei wachsam

Merk dir die Gesichter gut!

Sei wachsam

Bewahr dir deinen Mut

Sei wachsam

Und sei auf der Hut!



Es ist 'ne riesen Konjungtur für Rattenfänger

Für Trittbrettfahrer und Schmiergeldempfänger

'Ne Zeit für Selbstbediener und Geschäftemacher

Scheinheiligkeit, Geheuchel und Postengeschacher

Und sie sind alle hochgeachtet und sehr anerkannt

Und nach den Schlimmsten werden Plätze und Flugplätze benannt

Man packt den Hühnerdieb, den Waffenschieber lässt man laufen

Kein Pfeifchen Gras, aber 'ne ganze Giftgasfabrik kann du kaufen

Verseuch' die Luft, vertstrahl das Land, mach ungestraft den größten Schaden

Nur lass Dich nicht erwischen bei Sitzblockaden!

Man packt den Grünfried, doch das Umweltschwein genießt Vertrau'n

Und die Polizei muss immer auf die Falschen draufhau'n



Sei wachsam

Präg' dir die Worte ein!

Sei wachsam

Und fall nicht auf sie rein!

Paß auf, dass du deine Freiheit nutzt

Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!

Sei wachsam

Merk dir die Gesichter gut!

Sei wachsam

Bewahr dir deinen Mut

Sei wachsam

Und sei auf der Hut!



Wir hab'n ein Grundgesetz, das soll den Rechtsstaat gerantier'n

Was hift's, wenn sie nach Lust und Laune dran manipulieren

Die Scharfmacher, die immer von der Friedensmission quasseln

Und unterm Tisch schon emsig mit dem Säbel rasseln?

Der alte Glanz in ihren Augen beim großen Zapfenstreich

Abteilung kehrt, im Gleichschritt marsch, ein Lied und Heim ins Reich!

„Nie wieder soll von diesem Land ein Krieg ausgehen!“

„Wir müssen Flagge zeigen, dürfen nicht beiseite stehen!“

„Rein humanitär natürlich und ganz ohne Blutvergießen!“

„Kampfeinsaätze sind jetzt nicht mehr so ganz auszuschließen“

Sie ziehen uns immer tiefer rein, Stück für Stück

Und seit heute früh um fünf Uhr schießen wir wieder zurück



Sei wachsam

Präg' dir die Worte ein!

Sei wachsam

Und fall nicht auf sie rein!

Paß auf, dass du deine Freiheit nutzt

Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!

Sei wachsam

Merk dir die Gesichter gut!

Sei wachsam

Bewahr dir deinen Mut

Sei wachsam

Und sei auf der Hut!



Ich hab Sehnsucht nach Leuten, die mich nicht betrügen

Die mir nicht mit jeder Festrede die Hucke voll lügen

Und verschon' mich mit den falschen Ehrlichen

Die falschen Ehrlichen, die wahren Gefährlichen!

Ich hab' Sehnsucht nach einem Stück Wahrhaftigkeit

Nach 'nem bisschen Rückgrat in dieser verkrümmten Zeit

Doch sag die Wahrheit und du hast bald nichts mehr zu Lachen

Sie wer'n dich ruinier'n, exekutier'n und mundtot machen

Erpressen, bestechen, versuchen dich zu kaufen

Wenn du die Wahrheit sagst, lass draußen den Motor laufen

Dann sag' sie laut und schnell, denn das Sprichwort lehrt:

Wer die Wahrheit sagt braucht ein verdammt schnelles Pferd!



Sei wachsam

Präg' dir die Worte ein!

Sei wachsam

Und fall nicht auf sie rein!

Paß auf, dass du deine Freiheit nutzt

Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!

Sei wachsam

Merk dir die Gesichter gut!

Sei wachsam

Bewahr dir deinen Mut

Sei wachsam

Und sei auf der Hut!

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